»Ich wollte darüber schreiben, wie die sozialen Medien ihre dunkle Seite auf brutalste Art und Weise zeigen können.« | 27.09.2021
In TEUFELSNETZ erfahren wir endlich, wie es mit der Ermittlerin Jessica Niemi und ihrem Team weitergeht. Können Sie kurz beschreiben, wovon das Buch handelt?
Jessica Niemi steht vor einem neuen Rätsel: Zwei berühmte Blogger verschwinden spurlos, und auf ihren Accounts wird ein seltsames Foto von einem alten Leuchtturm auf einer felsigen Insel gepostet. Unter dem Foto steht ein Gedicht, das den Tod der beiden beschreibt. Im Zuge ihrer Ermittlungen stößt Jessica schließlich auf ein gemeinsames Geheimnis der zwei Blogger, die in etwas sehr Mysteriöses und Dunkles verwickelt wurden.
Der neue Fall dreht sich also um die Welt der sozialen Medien. Was fasziniert Sie als Thriller-Autor an diesem Thema?
Soziale Medien bieten uns allen viele Chancen, aber sie bergen auch gewisse Risiken. Ich wollte darüber schreiben, wie die sozialen Medien ihre dunkle Seite auf brutalste Art und Weise zeigen können.
Eine wesentliche Erkenntnis der Ermittlungen lautet: Wenn du etwas ins Netz stellst, ist es für immer und ewig dort. Sie selbst sind auch in den sozialen Medien aktiv – sind Sie durch Ihr eigenes Buch vorsichtiger geworden?
Ich bin schon immer sehr sorgfältig damit umgegangen, was ich online veröffentliche und was nicht. Ich denke, man kann aktiv sein, aber gleichzeitig auch vorsichtig. Ich würde nichts posten, von dem ich nicht möchte, dass es für immer im Netz bleibt. Deshalb teile ich zum Beispiel auch keine Bilder von meinen Kindern auf öffentlichen Accounts.
Die Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven verschiedener Polizist:innen erzählt. Versetzen Sie sich beim Schreiben demnach eher in die Rolle der Ermittler:innen oder auch in die der Täter:innen?
Ich bin immer auf der Seite der Guten. Ein Polizist zu sein, kann ich mir durchaus vorstellen, aber ich kann mich nicht als Mörder sehen. Deshalb ist es für mich selbstverständlich, die Dinge aus der Perspektive eines Ermittlers zu betrachten.
Gibt es eine Figur, deren Sichtweise Sie besonders gern einnehmen oder mit der Sie sich besonders gut identifizieren können?
Ich bin keine meiner Figuren und gleichzeitig jede. Das bedeutet, dass fast jeder der »guten« Charaktere eine Fähigkeit, ein Gefühl, eine Angst oder eine Überzeugung besitzt, die eigentlich meine ist. Im Grunde habe ich meine eigenen Gedanken auf all diese Charaktere aufgeteilt – und vielleicht auch auf die bösen. Da ich keine eindimensionalen Figuren erschaffen möchte, versuche ich, auch in den bösen Charakteren etwas Gutes zu sehen.
Mit Jessica Niemi haben Sie eine komplexe und facettenreiche Figur erschaffen. Wie würden Sie Ihre Protagonistin charakterisieren?
Für meine Bücher wollte ich eine Protagonistin erschaffen, die klug ist, gut in ihrem Job und glaubwürdig. Doch gleichzeitig sollte sie auch in vielerlei Hinsicht emotional gebrochen sein. Ich wollte nicht nach irgendeiner Form von Perfektion streben – ganz im Gegenteil. Jessica hat schreckliche Fehler gemacht und falsche Entscheidungen getroffen, sie hat psychische Probleme und eine Menge zu verarbeiten. Aber gleichzeitig ist sie auch jemand, den ich im echten Leben gerne kennen lernen würde.
Die psychischen Probleme der Ermittlerin zeichnen sich in HEXENJÄGER bereits ab, in TEUFELSNETZ werden sie stärker. Wussten Sie von Beginn an, dass dieses Thema ein so wichtiger Teil Ihrer Bücher sein würde oder ergab sich diese Entwicklung im Schreibprozess?
Die psychischen Probleme bildeten schon von Anfang an einen wesentlichen Teil dieses Charakters und ich hatte vor, ihn noch weiter auszubauen. Um mehr über diese Art von psychischen Krankheiten zu lernen, habe ich viel recherchiert. Das ist ein sehr komplexes Thema und sogar eine Art Tabu in der Gesellschaft. Deshalb dachte ich auch, dass es für Personen mit psychischen Krankheiten hilfreich sein könnte, ein Buch mit einer weiblichen Heldin zu lesen, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat. Das ist ja durchaus sehr verbreitet, es wird nur nicht so viel darüber gesprochen.
Ihr Buch weist auch viele Bezüge zur Manga-Kunst und zur japanischen Kultur auf. Haben Sie selbst eine persönliche Verbindung zu diesen Themen?
Nein, aber ich finde beides wirklich interessant. Ich schreibe sehr gerne über Themen und Phänomene, mit denen ich noch nicht so vertraut bin. Das macht mich neugierig und führt dazu, dass ich sehr viel recherchiere und eine Menge dazu lerne. Ich denke, dass sich diese sorgfältige Recherche im Buch bemerkbar macht.
Ihre Bücher erscheinen auch als Hörbücher. Sie sprechen Deutsch – kennen Sie das deutsche Hörbuch von HEXENJÄGER? Was für ein Gefühl ist es, Ihre Geschichte in einer anderen Sprache anzuhören?
Als HEXENJÄGER erschien, habe ich mir einige Teile davon angehört. Meinen Roman auf Deutsch anhören zu können, war für mich sicherlich einer der Höhepunkte meiner Karriere. Es war einfach unglaublich und die Sprecherin ist großartig. Ich liebe die deutsche Sprache und bin so dankbar dafür, dass meine Arbeit ins Deutsche übersetzt wird und dass die Leute dort meine Bücher lesen und hören können.